Erstes Kassenjournal der Sparkasse Rothenburg, 1826/27

Exkurs: Auch in Rothenburg geht es los

Die Mühlen in der Biedermeierzeit, wie die Jahre von 1815 bis 1848 bezeichnet werden, mahlten stetig, aber auch langsam. Dies zeigte sich auch bei der Gründung der Sparkasse in Rothenburg o. d. T. Bevor davon die Rede sein soll, muss bemerkt werden, dass die Entwicklung des deutschen bzw. bayerischen Sparkassenwesens regional höchst unterschiedlich verlief.

Werbemotiv der Sparkasse Rothenburg, 1936 bis 1939
Werbemotiv der Sparkasse Rothenburg, 1936 bis 1939

Erst eins, dann zwei, dann drei … dann acht

Eine entscheidende Rolle bei einer Sparkassengründung spielten immer Persönlichkeiten, die erkannt hatten, welche segensreiche Wirkung Sparkassen für die Daseinsvorsorge auf der Basis der Hilfe zur Selbsthilfe nach sich ziehen konnten. Ihren Siegeszug traten Sparkassen bereits im ausgehenden 18. Jh. an. Im Laufe des 19. Jhs. nahm ihre Zahl zunächst langsam, aber dann stetig zu. 1908 gab es über 3.000 Sparkassen im Deutschen Kaiserreich. Spätestens seit diesem Zeitpunkt – und das gilt bis heute – sind Sparkassen überall als die Gesellschaft und Wirtschaft entscheidend mitgestaltende Bestandteile der regionalen Infrastruktur, ja des öffentlichen Lebens allgemein, anzusehen.

Die heutige Sparkasse Ansbach setzt sich aus acht früher selbständigen Sparkassen zusammen. Hier zeigt sich das Phänomen des zeitversetzten Gründungsgeschehens. Während in Ansbach der Dreikönigstag des Jahres 1823 das Startsignal markierte, wurden im gleichen Jahr auch in Rothenburg die Fundamente zur Gründung einer Sparkasse gelegt. Drittälteste Sparkasse ist Dinkelsbühl (1837), gefolgt von Wassertrüdingen (ebenfalls 1837), Windsbach (1866), Feuchtwangen (1876), Heilsbronn (1895) und Neuendettelsau (1920).

Gut Ding will Weile haben

Sparkassenschuldschein, 1826
Sparkassenschuldschein, 1826

Doch zurück zu den auch in Rothenburg langsam mahlenden „Mühlen“ der Biedermeierzeit. „Gut Ding will Weile haben“, so lässt sich der Gründungsprozess treffend beschreiben. Erste Überlegungen des Magistrates 1820 bis 1822 verliefen wegen des Haftungsrisikos noch im Sand. Erst als ab 1823 die Anlage von Spargeldern beim Staat möglich war, stellte Bürgermeister Gesner am 1. April 1823 erfolgreich den Antrag zur Errichtung einer Sparkasse für die unteren Bevölkerungsschichten, die am 1. Mai eröffnet werden sollte. Aus diesem Termin wurde jedoch nichts, da die Regierung erst am 23. Juli 1823 zustimmte. Zur geplanten Eröffnung der Sparkasse am 1. November 1823 kam es wegen des Todes von Bürgermeister Gesner als Gründungsinitiator allerdings nicht. Erst am 1. Mai 1826 wurden die ersten Einlagen bei der Sparkasse Rothenburg getätigt, die im Rathaus untergebracht war.

Staat und Krisen: wichtige Einflussfaktoren

Werbeanzeige mit dem Sparkassengebäude, 1936 bis 1939
Werbeanzeige mit dem Sparkassengebäude, 1936 bis 1939

Ab diesem Zeitpunkt lassen sich die großen Entwicklungslinien der bayerischen Sparkassen auch in Rothenburg nachzeichnen. Auch wenn die Kommune versuchte, die Geschicke der eigenen Sparkasse möglichst positiv zu gestalten, so blieben doch die Regularien des Staates und politische Ereignisse wie Krisen und Kriege die wichtigsten Einflussfaktoren. So verlief die Entwicklung in Rothenburg vor allem ab den 1830er Jahren sehr gut, bis 1843 der Staat dem allerorten festzustellenden „Missbrauch“ der Institute durch begüterte Personen einen Riegel vorschob. Das hatte einen starken Einbruch in der Geschäftsentwicklung zur Folge, von dem sich das Institut lange nicht erholte. Der Einlagenstand sank bis 1849/50, nachdem zusätzlich noch die Revolution Unruhe unter den Sparern verursacht hatte, von 200.000 fl. auf 131.000 fl. ab. Da damals die Anlage beim Staat nicht mehr möglich war, floss das Geld der Sparer zunehmend in Hypotheken oder in Eisenbahn-Wertpapiere. Auch die Stadt Rothenburg lieh sich Geld aus ihrer Sparkasse.

Auf dem Weg zum Universalkreditinstitut

Ab 1874, als der Staat die Restriktionen für Einleger lockerte, bis zum Beginn des 20. Jhs. griff auch die Sparkasse Rothenburg immer mehr neuzeitliche Geschäftszweige auf und entwickelte sich positiv. 1911 arbeiteten vier Beamte für die Sparkasse. Bis dahin war sie in der Stadtverwaltung noch nebenamtlich von einem Kassier und einem sog. „Gegenbuchführer“ verwaltet worden. Im 1. Weltkrieg folgte durch die Zeichnung von Kriegsanleihen mit der Aufnahme des Wertpapiergeschäfts ein wichtiger Schritt hin zu einem Universalkreditinstitut heutiger Prägung.

Ein eigenes Gebäude wird bezogen

Gutschein zur Geburt, 1933-1939
Gutschein zur Geburt, 1933-1939

Ihren 100. Geburtstag beging die Sparkasse Rothenburg 1923, als die deutsche Währung durch die Hyperinflation kollabierte. Erst mit Einführung der neuen Mark fand eine kurze Periode der wirtschaftlichen Erholung statt, bis die Weltwirtschaftskrise ab 1929 wieder große Herausforderungen mit sich brachte. Das Ergebnis ist bekannt: Der Aufstieg der Nationalsozialisten führte 1933 zum „Dritten Reich“, in dem auch die Sparkasse Teil des NS-Wirtschaftssystems wurde. Am 1. Oktober 1933 wurde in Schillingsfürst die erste Zweigstelle gegründet und zur gleichen Zeit kam es zur Gründung des „Zweckverbandes Stadt- und Bezirkssparkasse Rothenburg“. Ein steter Personalzuwachs auf 26 Personen war die Folge und die Räume in der „Ratstrinkstube“ erwiesen sich als viel zu klein. Folgerichtig erwarb die Sparkasse 1935 das Gebäude am Kapellenplatz und baute dieses zur Hauptstelle aus, die am 6. Juli 1936 feierlich eingeweiht wurde.

Blick vom Kapellenplatz auf die Sparkasse Rothenburg, 1936 bis 1945
Blick vom Kapellenplatz auf die Sparkasse Rothenburg, 1936 bis 1945
Besprechungszimmer der Sparkasse Rothenburg, 1936-1945
Besprechungszimmer der Sparkasse Rothenburg, 1936-1945
Blick von der Gagengasse auf die Sparkasse Rothenburg, 1936 bis 1945
Blick von der Gagengasse auf die Sparkasse Rothenburg, 1936 bis 1945

Neun Jahre später legten alliierte Bomber bei ihrem Angriff am 31. März 1945 auch das Sparkassengebäude in Schutt und Asche. 1948 startete die Sparkasse unter der Leitung von Georg Küspert (1934-1945 und 1948-1960) nach der Währungsreform vom 20. Juni ihren Neuanfang. Auch die Sparkasse wurde wieder aufgebaut und am 17. Juli 1949 festlich eröffnet. Bis 2015 ist das Gebäude regelmäßig umgebaut – etwa 1990/91 – und durch das Einbeziehen von Nachbargebäuden erweitert und modernisiert worden.

Die zerstörte Rothenburger Sparkasse, 1945
Die zerstörte Rothenburger Sparkasse, 1945
Die neu errichtete Sparkasse Rothenburg, 1949
Die neu errichtete Sparkasse Rothenburg, 1949
Blick vom Kapellenplatz auf die Ruine der Sparkasse, 1945
Blick vom Kapellenplatz auf die Ruine der Sparkasse, 1945
Blick in den Schalterraum, 50er Jahre
Blick in den Schalterraum, 50er Jahre

Andere fusionieren, Rothenburg bleibt selbständig

Sparbuch der Sparkasse Rothenburg, 1960er Jahre
Sparbuch der Sparkasse Rothenburg, 1960er Jahre

In der Wirtschaftswunderzeit begleitete die Sparkasse Rothenburg – geleitet von Theodor Graf (1961-1964) und Ludwig Wendel (1964-1980) – den Wiederaufbau durch ein aktives Kreditgeschäft. Während sich nach der Gebietsreform 1977 und 1979 durch Fusionen die Sparkassen Ansbach, Wassertrüdingen, Feuchtwangen und Heilsbronn-Windsbach-Neuendettelsau zusammenschlossen, blieb die Sparkasse Rothenburg – ab 1980 bis 1991 von Gerhard Schneider geführt – wie ihr Schwesterinstitut Dinkelsbühl selbständig.

EDV-Einsatz und Filialgründungen

Geschäftsstellennetz um die Jahrtausendwende
Geschäftsstellennetz um die Jahrtausendwende

1973 wurde der erste Bankomat eingesetzt und die EDV trat ihren Siegeszug an, die bis heute im Zeitalter der Digitalisierung einen immer größeren Einfluss auf das Bankgeschäft und die Kundenkommunikation hat. Ab dem Ende der 50er Jahre bis 1990 erfolgte eine Erschließung des Geschäftsgebietes mit neun neuen Filialen. 1998, im Jahr des 175. Geburtstages, arbeiteten 169 Personen für die Sparkasse, die seit dem 1. Juli 1991 vom Vorstandsvorsitzenden Erwin Schuster (bis 2004) und Vorstandsmitglied Siegfried Frank (bis 2005) geleitet wurde. Deren Nachfolge traten Werner E. Thum und Dieter Mai an.

„Aus drei mach eins“: Fusion 2016

Dieter Mai sitzt heute auch im Vorstand der neuen Sparkasse Ansbach, die sich im Sommer 2016 aus den Vereinigten Sparkassen Stadt und Landkreis Ansbach sowie den Sparkassen Rothenburg und Dinkelsbühl formierte.

Damals ging zwar die Eigenständigkeit der Sparkasse der ehemaligen Reichsstadt Rothenburg o. d. T. zu Ende. Geblieben ist aber vor Ort eine starke, große Sparkasse, die sich seit 200 Jahren mit aller Kraft für das Wohlergehen tausender Privat- und Firmenkunden in der Region Rothenburg einsetzt.

Die Sparkasse Rothenburg am Kapellenplatz, 2015
Die Sparkasse Rothenburg am Kapellenplatz, 2015